Pressefreiheit erfordert die Verantwortung der Presse

Vor einem Monat berichtete Eugene Kaspersky von einem unglücklichen Vorfall, in dem ein Journalist der Tageszeitung De Telegraaf involviert war. Das Gericht hat jetzt zu unseren Gunsten entschieden.

Vor ungefähr einem Monat habe ich in einem Blog-Artikel bereits davon berichtet, dass ein Journalist der niederländischen Tageszeitung De Telegraaf Anfang des Jahres einen Artikel veröffentlicht hat, in dem behauptet wurde, dass ein weltbekanntes russisches Cybersicherheitsunternehmen – Kaspersky Lab – Opfer eines Hackerangriffs geworden sei.

Nachdem wir alle in unserer Macht stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft hatten, das Problem auf direktem Wege mit der niederländischen Zeitung zu lösen, blieb uns im Endeffekt nichts anderes übrig als vor ein niederländisches Gericht zu ziehen, um unseren Ruf zu verteidigen. Glücklicherweise hat der mit unserem Fall beauftragte Richter De Telegraaf heute dazu verpflichtet, die falschen Tatsachenbehauptungen gegenüber Kaspersky Lab umfassend und ordnungsgemäß richtigzustellen. Natürlich sind wir für dieses Urteil sehr dankbar; trotzdem ist der Fall an dieser Stelle noch längst nicht für uns abgeschlossen.

Unsere internen Nachforschungen haben gezeigt, dass die Geschichte über den angeblichen Hack frei erfunden wurde. Was uns jedoch am meisten schockierte, war das, was wir während unserer externen Untersuchungen über die Entstehung des Artikels herausgefunden haben: Ostensible Geschichten ohne offensichtlichen Zusammenhang – sowohl wahre als auch falsche – wurden zusammengesucht, scheinbar gut durchgemischt und dann wahllos wieder zusammengeflickt. Sogar Ex-Minister Willem Vermeend (V) sagte in einem Telefonat mit dem „Hacker“ (R) (der nicht besonders davon angetan war, von De Telegraaf an den Pranger gestellt worden zu sein), dass die Journalisten von niederländischen Politikern Informationen über verschiedene nicht zusammenhängende Themen erhalten haben und diese dann in einem einzigen sensationsverdächtigen Artikel zusammengefasst haben:

R: Bart Mos [der fragliche Journalist und Verfasser des Artikels] hat ein ziemlich schmutziges Spiel gespielt, oder? Und diese ganzen Lügen…

V: Das ist genau das, was ich gesagt habe. Dass er ein schmutziges Spiel gespielt und gelogen hat. Ich wusste das Ganze vom Parlament. Sie wissen doch, wie es funktioniert. Irgendeiner „weiß“ etwas und die Geschichte verbreitet sich wie ein Lauffeuer, obwohl eigentlich niemand etwas sagen sollte.

R: Aber warum hat De Telegraaf dann geschrieben, dass…

V: Es geht ihnen doch nur um eine aufregende Story! Sie hätten sehen sollen, was sie am Anfang über Sie schreiben wollten.

R: Aber warum haben sie dann diese ganzen Lügen über Kaspersky mit eingebracht?

V: Weil sie eine aufregende Story erzählen wollten.

R: Und wie haben sie es geschafft, diese Kaspersky-Story zu erfinden?

V: All diese Kaspersky-Geschichten kommen doch vom Parlament!

R: Oh, okay.

V: Sie alle stammen vom Parlament; die Journalisten haben alle Parlamentsmitglieder angerufen; sie haben Dutzende von Quellen. Abgesehen davon wurde diese Verbindung mit Kaspersky bereits im Parlament unterbreitet.

R: Also hat Ollongren Recht…

V: Ich behaupte ja nicht, dass sie im Unrecht ist, aber sie war auch diejenige, die sich das mit Kaspersky Lab hat einfallen lassen. Diese Verbindung wurde schon vor geraumer Zeit geschaffen. Ich persönlich habe die Geschichte auch nur im Parlament aufgeschnappt. Kees hat mir die ganze Sache erzählt. Und was machen diese Journalisten? Sie rufen die Parlamentsmitglieder an, die wiederum losplaudern, ohne irgendeine Quelle zu haben. Sie wissen doch wie das funktioniert; all das ist inoffiziell und „wurde nie gesagt“.

Dieselben Politiker, die Kaspersky Lab (laut Vermeend) bei inoffiziellen Äußerungen in Verruf bringen, treffen auch wichtige Entscheidungen über die Nutzung unserer AV-Software von der niederländischen Regierung.

Jetzt stellt sich Ihnen vermutlich die Frage, warum wir, nachdem der Richter zu unseren Gunsten entschieden hat, noch immer über diesen Fall sprechen? Nun, uns bleibt eigentlich gar nichts anderes übrig, wenn wir möchten, dass die Öffentlichkeit die Wahrheit erfährt. Alle Außenstehenden haben ein Recht darauf, darüber informiert zu werden, was wirklich vor sich geht.

Als Cybersicherheitsunternehmen nehmen wir die Themen Vertrauen und Transparenz sehr ernst und haben dies auch immer wieder gezeigt. Aber nicht nur Cybersicherheitsunternehmen, sondern auch die Medien müssen sich die Förderung von Ehrlichkeit und Fairness zur Priorität machen – besonders heutzutage angesichts der enormen Macht der sozialen Medien Informationen zu verbreiten und der Art und Weise, wie sie von Einzelpersonen, Organisationen und politischen Parteien und sogar Regierungen genutzt werden können, um die Gedanken und Handlungen der Menschen positiv und negativ zu beeinflussen. Natürlich respektieren wir die Pressefreiheit; aber mit dieser Freiheit kommt auch eine große Verantwortung einher.

Journalisten müssen sich in der heutigen Welt an die höchsten Standards für eine verantwortungsbewusste Berichterstattung halten und verstehen, wie ihre Geschichten auf vielfältige Weise genutzt werden können, um die Pläne einer anderen Person voranzutreiben – einschließlich die Vorhaben eines Politikers, der falsche Behauptungen anstellen könnte oder, schlimmer noch, politische Entscheidungen, basierend auf Presseberichten, treffen könnte.

Es wurden unzählige anonyme und unbestätigte Artikel über uns als Unternehmen und die möglichen Gefahren aufgrund der Herkunft des Unternehmens geschrieben.

Durch Regierungen, einflussreiche Personen und Organisationen auf der ganzen Welt kann es zu einer schwierigen Aufgabe werden, die Wahrheit über eine Mediengeschichte ans Licht zu bringen. Aber für Reporter ist es ein absolutes Muss mit Fakten und verifizierten Quellen über die Wahrheit zu berichten.

Deshalb bitte ich Sie, liebe Medien-Mitarbeiter, seien Sie engagiert bei Ihrer Arbeit und nehmen Sie die Pressefreiheit nicht als selbstverständlich hin. Die dringende Notwendigkeit ernsthafter Berichterstattung ist heutzutage wichtiger denn je.

Wir müssen alle, egal welchen Beitrag wir zu einer offenen, ehrlichen und transparenten Welt leisten, stets unserer Verantwortung bewusst sein. Als führendes Cybersicherheitsunternehmen haben wir die Verantwortung übernommen, die Welt zu einem sichereren und besseren Ort zu machen, und darauf werden wir immer sehr stolz sein. Können Sie dasselbe von sich sagen?

UPDATE vom 19.07.2018:
Wie bereits oben geschrieben, hat die niederländischen Tageszeitung De Telegraaf nun eine Richtigstellung veröffentlicht.

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