Facebook: ‚Gefällt mir‘ plaudert den Charakter und die Interessen aus

Der Gefällt-Mir-Button von Facebook bettelt förmlich darum, angeklickt zu werden. Es ist ganz leicht, bei einem harmlosen Beitrag „gefällt mir“ zu sagen, oder ein paar „Likes“ an eine Band, eine

Der Gefällt-Mir-Button von Facebook bettelt förmlich darum, angeklickt zu werden. Es ist ganz leicht, bei einem harmlosen Beitrag „gefällt mir“ zu sagen, oder ein paar „Likes“ an eine Band, eine politische oder soziale Organisation, oder für die neuesten Memes im Sozialen Netzwerk zu senden. Doch selbst die Facebook-Anwender, die sich wirklich um ihre Privatsphäre kümmern, können Privates preisgeben, wenn sie etwas stillschweigend unterstützen.

Forscher des Psychometrics Centre der University of Cambridge in Großbritannien haben das Facebook-Verhalten von 58.000 Freiwilligen analysiert, vor allem ihre Gefällt-mir-Angaben. Diese Daten wurden zusammen mit einem demografischen Profil und den Ergebnissen weiterer freiwilliger psychometrischer Tests ausgewertet, so dass die Forscher sehr genau verschiedene Charaktereigenschaften voraussagen konnten – von der Rasse über die sexuelle Orientierung bis zu politischen Überzeugungen und noch viel mehr.

Die Ergebnisse der Studie befeuern die Privatsphäre-Diskussion darüber, wie persönliche Daten online geteilt werden, und wie sie geschützt werden sollten. Services wie Facebook und Google erfassen bereits Massen an persönlichen Informationen, um zielgerichtete Werbung auf Webseiten anzeigen zu können und Marketing-Kampagnen zu unterstützen. In extremen Fällen, können Hacker und Kriminelle, die mit Identitäten, Zahlungsdaten und anderen privaten Informationen handeln, solche Daten verwenden, um Firmen, Behörden, Fabriken, das Militär, Verteidigungsanlagen und andere sensible Bereiche anzugreifen. Die Konsequenzen liegen irgendwo zwischen Identitätsdiebstahl, einem leergeräumten Bankkonto und dem Verlust von geistigem Eigentum und Militärgeheimnissen.

„Die gute Verfügbarkeit umfangreicher Aufzeichnungen individuellen Verhaltens zusammen mit dem Wunsch, mehr über Kunden und Bürger heruaszufinden, stellt eine enorme Herausforderung für die Privatsphäre und den Besitz von Informationen dar“, schrieben die Forscher Michal Kosinski, David Stillwell und Thore Graepel in ihrem Artikel. „Private Charaktereigenschaften und Merkmale können aus digitalen Aufzeichnungen des menschlichen Verhaltens vorhergesagt werden. Menschen entscheiden sich vielleicht dazu, bestimmte Informationen aus ihrem Leben nicht preiszugeben, etwa die sexuelle Orientierung oder das Alter, und trotzdem können diese Informationen eventuell in statistischem Sinne aus anderen Aspekten ihres Lebens, die sie veröffentlichen, vorhergesagt werden.“

Die Forscher aus Cambridge entwickelten eine App mit dem Namen myPersonality, die die Gefällt-mir-Angaben mit Linearer Regression analysierte und mit den zur Verfügung gestellten demographischen Daten verglich. In 88 Prozent der Fälle, konnte die App die sexuelle Orientierung von Männern korrekt vorhersagen. Die App lag zudem in 95 Prozent aller Fälle bei der Rasse, und in 85 Prozent der Fälle bei der politischen Einstellung richtig.

Private Daten sind ein großes Geschäft, und sogar so etwas eigentlich relativ unschuldiges wie eine Gefällt-mir-Angabe bei Facebook kann die persönliche Privatsphäre und Sicherheit gefährden. Vor kurzem nutzte die US-amerikanische Supermarktkette Target die Daten ihrer Kunden, um Schwangerschaften vorauszusagen und den entsprechenden Kundinnen zielgerichtete Werbung für Vitamine und Schwangerschaftskleidung zu schicken. Während das vom Marketingstandpunkt aus gesehen sehr genial ist, kann die Enthüllung einer Schwangerschaft für ein unverheiratetes Paar in manchen Kulturen, in denen dies nicht erlaubt ist, sogar gefährlich sein, so der Forschungsbericht weiter.

„Wie dieses Beispiel zeigt, kann die Vorhersage persönlicher Informationen – um Produkte, Services und die Werbung zu verbessern – zu einem gefährlichen Eindringen in die Privatsphäre werden“, so der Bericht.

Facebook ist dabei in einer einzigartigen Position, denn hier sind die Anwender das Produkt. Die Firma verkauft Werbung basierend auf dem Anwenderverhalten auf der Seite und hat Tools und Services entwickelt, die ihr dabei helfen, die Daten noch weitgehender zu analysieren. Ein Beispiel ist die neue Suchfunktion Graph Search, die es den Anwendern ermöglicht, Suchanfragen in dem Sozialen Netzwerk sehr eng zu definieren. Anders gesagt, kann man damit Individuen finden, die für eine bestimmte Firma arbeiten, in einer bestimmten Stadt leben, einer bestimmten Arbeit nachgehen oder ein bestimmtes Hobby haben. Je nachdem, welche Motivation dahintersteckt, können die dadurch erhaltenen Daten ziemlich unschuldig sein. Doch manche Sicherheitsexperten werden dabei nervös, denn Identitätsdiebe oder staatliche Hacker haben damit eine weitere Waffe in ihrem Arsenal, mit der sie zielgerichtete Attacken gegen Firmen und andere Organisationen durchführen können.

„Die Vorhersage individueller Eigenschaften aus digitalen Aufzeichnungen des Verhaltens könnte beträchtliche negative Auswirkungen haben, denn sie kann ganz einfach auf eine große Menge Menschen angewandt werden, ohne deren individuelle Zustimmung zu haben und ohne dass sie es je erfahren“, wird im Forschungsbereicht das Problem erläutert. „Firmen, Behörden oder sogar die eigenen Facebook-Freunde können bestimmte Software nutzen, um Daten wie Intelligenz, sexuelle Orientierung und politische Ansichten abzuleiten, die eigentlich nicht zum Teilen gedacht waren. Man kann sich leicht Situationen vorstellen, in denen solche Vorhersagen – selbst wenn sie falsch sind – für einzelne Personen gefährlich werden oder sogar ihre Freiheit und ihr Leben bedrohen können. Durch die laufend wachsende Zahl digitaler Spuren, die die Menschen hinterlassen, wird es für den Einzelnen schwer, zu kontrollieren, welche dieser Eigenschaften veröffentlicht werden.“

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