Black Box: Die Geheimnisse des Flugschreibers

Die Black Box ist eines der wichtigsten Geräte im Flugzeug. Doch wie funktioniert dieser Flugschreiber?

Bei Flugzeugabstürzen herrscht immer ein ziemliches Medieninteresse. Und oft genug kommen Hobbypiloten und selbsternannte Sicherheits-Experten aus ihren Höhlen und jeder davon weiß ganz genau, warum das Unglück passiert ist. Sie sind gut informiert und haben wertvolle Informationen ihres Großvaters, der Lastwagen gefahren ist, oder von einem Freund, der als Hausmeister am Flughafen arbeitet. Also echte Luftfahrtexperten.

Das Schlimmste daran ist, dass diese „Experten“ von den Medien hofiert werden und ihren Unsinn weitergeben können. Und gerade das Fernsehen hinkt dem Internet beim Ausblenden solcher Selbstdarsteller noch hinterher – was auch daran liegt, dass die Sender immer möglichst schnell alle grausigen Details haben möchten. Katstrophen-Berichterstattung bringt Quote.

Leider werden die wahren Umstände einer Flugzeugkatastrophe erst viel später bekannt gegeben, wenn die Black Box ausgewertet wurde. Zu spät für Fernsehsender und andere Medien, von Sozialen Netzwerken ganz zu schweigen, um noch einmal die gleiche Aufmerksamkeit zu bekommen. Diese Informationen interessieren den Normalbürger nicht mehr, doch die echten Experten fangen erst hier zu arbeiten an.

Ihr Ziel ist nicht, die Massen mit schnellen Sensationen zu bedienen, sondern, basierend auf den erhaltenen Daten, die echten Ursachen eines Unglücks herauszufinden, so dass es nicht noch einmal passieren kann. Doch die Aufgabe, „eine Black Box zu entschlüsseln“, ist ein bisschen irreführend.

Zum einen ist die Box nicht schwarz und es muss auch nicht unbedingt eine Box sein. Das Gerät hat diesen umgangssprachlichen Namen aufgrund seiner Funktion bekommen: In der Wissenschaft, bei Computern und im Ingenieurwesen ist eine „Black Box“ ein System oder Objekt, das aufgrund seiner Eingänge und Ausgänge genutzt wird, ohne zu wissen, was in seinem Inneren vor sich geht. Der richtige Name der Flugzeug-Black-Box lautet „Flugschreiber“.

Ein typischer Flugschreiber ist orange, so dass man ihn in einem Flugzeugwrack leicht finden kann, und er hat zylindrische oder runde Form, um ihn stabiler zu machen. Zudem ist er stoßfest, wasserdicht und hitzebeständig, so dass die aufgezeichneten Daten für Untersuchungen erhalten bleiben.

Bei einer Notwasserung nutzt der Flugschreiber ein spezielles Funksignal (den sogenannten  Underwater Locator Beacon, ULB), das sich bei Wasserkontakt aktiviert und mit 37,5 KHz (Ultraschall) gesendet wird.

Es gibt bestimmte Anforderungen für Flugschreiber: Sie müssen eine Beschleunigung von 3.400 G für 6,5 Millisekunden, 30 Minuten im Feuer (dieser Zeitraum reicht, dass alles um den Flugschreiber herum abgebrannt und das Feuer erstickt ist) und den Druck  im Wasser bis zu 6.000 Meter für 30 Tage aushalten.

Alte Flugschreiber nutzten Magnetbänder zur Datenaufzeichnung, doch moderne Geräte verwenden dafür Flash-Speicher. Im Grunde ist eine Black Box also eine Art riesiger und übermäßig geschützter USB-Stick. Der einzige wirkliche Unterschied zwischen den beiden ist der Speicher: Black Boxes enthalten Chips in Industriestärke – diese halten verschiedene Temperaturen und mehr Schreib-/Lese-Zyklen aus.

Der Speicher ist in einer Reihe, ähnlich einem RAID, konfiguriert, so dass redundante Informationen gespeichert werden. Zudem sind auch die Flugschreiber an sich redundant und es gibt in jedem Flugzeug mehrere davon, so dass keine Information verloren geht. Es ist also höchst unwahrscheinlich, dass kein einziger Flugschreiber geborgen und analysiert werden kann.

Die Daten sind nicht verschlüsselt, so dass sie jedem zur Verfügung stehen, der die Black Box findet. Das soll auch so sein: Jeder soll die Black Box auslesen können.

Wenn also jemand vom „Entschlüsseln“ der Black Box spricht, meint er im Grunde das Auslesen und Strukturieren der Daten für die weitere Untersuchung und Analyse. Manchmal ist die Black Box beschädigt und muss repariert werden, damit die Daten gelesen werden können. Bei der Reparatur kann es sogar vorkommen, dass Stifte an Speicherchips gelötet werden.

Es gibt drei Arten von Flugschreibern: Cockpit Voice Recorder (CVR), Flight Data Recorder (FDR) und Quick Access Recorder (QAR). Der CVR nimmt die letzten zwei Stunden der Crew-Gespräche im Cockpit sowie die Funksprüche mit den Bodenstationen und Umgebungsgeräusche auf (auf insgesamt vier Kanälen). Ältere Daten werden dabei von den neueren überschrieben, ähnlich wie bei Videoüberwachungssystemen.

Den ganzen Flug aufzunehmen, hat keinen praktischen Wert, da die Augenblicke vor einem Unfall die eigentlich interessanten für die Auswertung sind. Die Aufnahme stoppt automatisch bei einem Absturz, da die Stromversorgung unterbrochen wird. Dadurch können die wichtigen Augenblicke nicht versehentlich überschrieben werden.

Der FDR speichert Daten, die über einen längeren Zeitraum (teilweise sogar die letzten 24 Stunden) aufgenommen werden, um Fehlfunktionen zu registrieren, die eigentlich auf früheren Flügen auftauchten und eventuell zum Unfall führten. Dieser Flugschreiber registriert alle Flugparameter, vom Losrollen des Flugzeugs über Steigungswerte zu jedem Zeitpunkt und die Flügelklappenpositionen bis zur Motorfunktion – insgesamt 88 Parameter, von denen jeder millisekundengenau zu bestimmten Zeitpunkten aufgezeichnet wird.

Der QAR schließlich nimmt noch viel mehr Parameter (ungefähr 2.000) auf und zieht alle Daten zusammen, um daraus ein Protokoll der Arbeit der Flugzeugsysteme zu erstellen, inklusive der Temperaturanpassungen in der Kabine und viele anderer Parameter, die mit Flugzeugunfällen nichts zu tun haben.

Diese Daten werden für die Wartung der Flugzeuge und die Verbesserung der einzelnen Konstruktionselemente verwendet. Für die Untersuchung eines Flugzeugunglücks sind diese Parameter nutzlos, daher ist der QAR nicht so extrem gut geschützt und kann nach einem Absturz nicht mehr ausgelesen werden.

Natürlich werden all diese Technologien weiterentwickelt. Auch der Flash-Speicher wird immer günstiger, so dass Flugschreiber immer größere Speicherkapazitäten bekommen. In nicht allzu ferner Zukunft werden Flugschreiber wohl auch Videos der Flugzeugkameras aufnehmen. In modernen Flugzeugen sind einige Kameras zu finden, die normalerweise Videobilder des Bodens und der Umgebung auf die Entertainmentsysteme der Passagiere bringen.

Zudem sind drahtlose Kommunikationstechnologien in immer mehr alltäglichen Bereichen zu finden, und auch Internet-Zugriff und mobile Verbindungen sind im Flugzeug bereits nichts Außergewöhnliches mehr. Mit solchen Technologien können Flugzeuge die Flugdaten direkt in Echtzeit in die Cloud speichern.

Die neusten Data-Mining- und Big-Data-Technologien werden den Ermittlern von Flugzeugabstürzen helfen, bestimmte Muster zu finden, die zu den Katastrophen geführt haben. Da Flugzeugabstürze meist aufgrund einer Kombination mehrerer Faktoren und nicht aus einzigartigen Gründen passieren, wird die nächste Generation von Analyse-Tools dabei helfen, ähnliche Katastrophen in Zukunft zu verhindern.

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