Wir alle kennen sie: lästige Werbeanrufe. Egal ob automatisiert per Roboterstimme vom Band oder persönlich; nach dem Abheben des Hörers würden wir am liebsten direkt wieder auflegen. Die Mehrheit von uns könnte vermutlich getrost ohne die nervigen Anrufe leben. Einige Entwickler mobiler Apps scheinen die Verbraucher nun erhört zu haben und bieten den Vebrauchern die Mögichkeit, die Reputation eingehender Rufnummer einzusehen, Unternehmensinformationen der fraglichen Rufnummer anzuzeigen oder bekannte Telemarketer direkt zu blockieren. Vor allem die App GetContact hat kürzlich für Furore gesorgt, denn im Gegensatz zu anderen Lösungen identifiziert sie Rufummern anhand der privaten Kontakte des Nutzers.
GetContact hat großes Erfolgspotenzial. Nachdem Sie die App installiert haben, können Sie fast jeden Anrufer mit Namen und Bild identifizieren; denn die App ruft die persönlichen Daten und das Foto des Anrufers über seine eigene Datenbank ab.
Zudem können Nutzer mithilfe der App, Anrufer sofort auf eine Telemarketer-Blacklist setzen, unerwünschte Anrufe blockieren und x-beliebige Kontakte via Name oder Rufnummer suchen. Sie sind auf der Suche nach der Nummer Ihres netten Nachbarns? Suchen Sie doch einfach mal nach seinem Namen auf GetContact (vielleicht haben Sie ja Glück)! Wie immer, gibt es auch hier einen Preis, den Sie für all diese netten Vorteile zahlen müssen: die App verlangt vollen Zugang zu den Namen und Rufnummern Ihrer Kontakte.
Ein bisschen Neugier kann doch nicht schaden…
Es ist kaum verwunderlich, dass GetContact oftmals zweckentfremdet wird. Weltweit fingen Nutzer plötzlich an, nach ihren eigenen Rufnummern zu suchen, um herauszufinden, unter welchem Namen Ihre Freunde Sie auf ihrem Smartphone eingespeichert haben. Und das war der Beginn einer regelrechten Epidemie auf Social Media, wo Benutzer unzählige Screenshots und Witze über den neuen Trend mit der ganzen Welt teilten.
Aber es wird noch schlimmer. Wenn Sie mithilfe der App problemlos nach sich selbst suchen können. Warum dann nicht auch einen klitzekleinen Blick auf die Nummern von Freunden, Mitarbeitern oder dem Partner werfen? Leider fangen Nutzer an genau dieser Stelle an unerfreuliche Entdeckungen zu machen. Eine Frau, die beispielsweise die Rufnummer ihres Ehemannes unter dem Namen einer Frau findet, wird vermutlich denken, dass dieser sie mit einer anderen Frau betrügt, die selber keinen Verdacht wecken möchte. Die Ehekrise ist in solchen Fällen vorprogrammiert. Der Senior Manager eines Großunternehmens wurde als „TV-Verkäufer“ in der Kontaktliste eines alten Kunden gespeichert und wurde schnell zur Lachnummer im Büro.
Egal ob aus Spaß oder Rache: Die App bietet jede Menge Freiraum für Kreativität. Sie können eine Person beispielsweise unter dem Namen „Drogendealer“ oder „Mein Schatz“ vermerken und vermutlich dauert es nicht allzu lang, bis irgendjemand diese Personen um Erklärung bittet. Aber, Moment mal! Das Gleiche könnte ja auch Ihnen passieren! Das Schlimme daran: Sie können mit der App nicht nachverfolgen, wer Sie unter X Namen gespeichert hat.
Wir warnen Sie zu Ihrem eigenen Wohl vor
Jetzt fragen Sie sich vermutlich, wie es mit der Privatsphäre aussieht. Auf der Website von GetContact können Sie eine Vertraulichkeitsvereinbarung finden; demnach gewährt der Nutzer der App Zugang sowohl zu persönlichen als auch zu Unternehmensdaten (auch die, die in anderen Apps und auf Social Media gespeichert sind) sowie das Recht, diese Daten an Dritte weiterzugeben. Mit anderen Worten, an jeden.
Darüber hinaus speichert GetContact unter anderem Ihre Telefonbücher und Kontakte, Fotos, E-Mail-Adressen, IP-Adressen und Gesprächsaufzeichnungen. Indem Sie die Bedingungen akzeptieren, geben Sie nicht nur Ihre persönlichen Daten, sondern zudem die Daten Ihrer Mitarbeiter und Freunde preis.
Die Entwickler der App versichern zwar, dass sie Ihre Daten nicht an Dritte weiterverkaufen, aber wer verspricht Ihnen, dass sie ihre Meinung in geraumer Zeit nicht ändern. Die Benutzervereinbarung erlaubt den Entwicklern, Daten problemlos an beliebige Drittparteien weiterzugeben und enthält eine Klausel, die den Benutzer dazu zwingt, dem Erhalt von Massen-E-Mails / Nachrichten zuzustimmen. Selbst wenn es dazu nicht kommen sollte, kann die Möglichkeit von Hacks und Datenlecks nicht ausgeschlossen werden.
Kann ich meine Nummer aus der Datenbank löschen?
Nutzer können sich selbst aus der Datenbank der GetContact-App entfernen. Dazu müssen Sie zunächst die „Unlist“-Seite auf der Website finden, Ihre Rufnummer eingeben und eine Anfrage senden. Innerhalb von 24 Stunden sollten die App Sie nicht mehr in den Telefonbüchern anderer aufspüren können.
Ist das Ganze überhaupt legal?
GetContact wurde aufgrund seiner fragwürdigen Datenschutzerklärung in mehreren Ländern offiziell verboten und unterliegt strengen Prüfungen hinsichtlich der Einhaltung personenbezogener Daten und anderer Rechtsvorschriften in anderen Ländern. Aber diese Maßnahmen kommen zu spät – der Dienst hat bereits mehrere Millionen Telefonnummern von Benutzern in Ländern auf der ganzen Welt gesammelt und es ist unwahrscheinlich, dass die Entwickler daran interessiert sind, diese zu löschen, selbst wenn ihre Aktivitäten als nicht konform mit den Gesetzen befunden werden sollten. Was GetContact mit all diesen Kontakten mach? Wie gesagt, wahrscheinlich alles, was sie wollen.
Das können Sie tun
Sie können keine App wie GetContact benutzen und gleichzeitig auf die Garantie Ihrer Privatsphäre hoffen. Für uns ist die persönliche Privatsphäre um einiges wichtiger, als in Erfahrung zu bringen, unter welchen Namen Sie in den Telefonbüchern anderer gespeichert sind. Wenn Sie unserer Meinung sind, gibt es einige Dinge, die Sie tun können, um sich und Ihre Freunde von Problemen fernzuhalten.
- Lesen Sie sich die Benutzervereinbarung und die Datenschutzrichtlinie bei der Installation einer neuen App durch. Es ist nie falsch zu wissen, was genau Sie unterschreiben. Die Benutzervereinbarungen erscheinen Ihnen zu lang und schwer zu lesen? In diesem Beitrag erklären wir Ihnen, wie Sie die wichtigsten Informationen der EULAs in wenigen Minuten extrahieren können.
- Denken Sie zwei Mal darüber nach, bevor Sie einer App Zugriff auf Ihre persönlichen Daten geben. Braucht die App derartige Informationen tatsächlich, um zu funktionieren? Was passiert, wenn sie die Daten öffentlich teilt? In einigen Fällen können einige Berechtigungen verweigert werden und die App funktioniert einwandfrei.
- Ziehen Sie in Erwägung, vertrauliche Daten wie Kreditkartennummern oder PIN-Codes aus Ihrem Adressbuch zu entfernen. Diese Geschichte ist nur ein Beispiel dafür, warum Sie solche Informationen nicht an einem Ort speichern sollten, auf den Apps zugreifen können. Speichern Sie derartige Informationen beispielsweise in den Notizen unseres Kaspersky Password Managers. So werden sie verschlüsselt und sicher gespeichert, sodass nur Sie darauf zugreifen können.