Achtung Gas! Von Online-Betrügern, „Investoren“ und der Gas-Masche

Wie man beim Investieren in Rohstoffe, Kryptowährungen und andere Vermögenswerte mit Apps aus offiziellen App-Stores betrogen wird.

Mit der zunehmenden Popularität von Online-Investments steigt auch die Anzahl der in Verbindung stehenden Online-Betrügereien. Vor ein paar Monaten beleuchteten wir bereits einige betrügerische Anlage-Apps, die wir damals im App Store fanden. Aufgrund der damaligen Erkenntnisse haben wir uns entschieden, noch ein wenig tiefer zu graben und herauszufinden, wo solche Apps sonst noch lauern. Um eins gleich vorweg zu nehmen: bei unserer Suche sind wir auf einige bemerkenswerte Entdeckungen gestoßen, die selbst uns überrascht haben.

In diesem Beitrag wollen wir näher auf unsere interessantesten Enthüllungen eingehen. Als da wären: betrügerische „Gas-Apps“ in den Empfehlungen der Android-Stores, „Öl-Investment“-Apps im App Store und bei Google Play und eine Reihe gefälschter Videos, in denen Elon Musk, Recep Erdogan und einige weitere Prominente scheinbar Werbung für nicht existierende Anlageplattformen machen.

Betrug mit der Gas-Masche in den App-Stores von Android

Überraschend ist bereits das schiere Ausmaß dieses Problems. Allein für Investments im Bereich der natürlichen Rohstoffe, „Quantum Investment“-Algorithmen und weiterer Buzzword-Anlagen haben wir mehr als 300 betrügerische Apps in verschiedenen Sprachen entdeckt, die vorgeben, eine kleine Anfangssumme in unglaubliche Reichtümer zu vermehren.

Derartige Apps sind in allen vorinstallierten App-Stores der unterschiedlichsten Telefonhersteller verfügbar: so kann man beispielsweise im GetApps-Store der Xiaomi-Geräte oder im Palm Store auf den Geräten von Tecno fündig werden.

In GetApps und im Palm Store stehen unter Android hunderte betrügerische Investment-Apps zur Installation bereit

In GetApps und im Palm Store stehen unter Android hunderte betrügerische Investment-Apps zur Installation bereit

 

In einem der Stores wurden einige der betrügerischen Apps sogar in die Liste mit Empfehlungen aufgenommen, die Benutzern beim Öffnen des Stores angezeigt werden. Bemerkenswert daran sind die Tatsachen, dass die Apps in dieser Liste vorab nicht nur überprüft wurden, sondern dass Benutzer durch diese Präsentation im Store sogar dazu motiviert werden, diese Apps auch zu installieren!

Betrügerische Investment-Apps auf der Liste mit App-Empfehlungen des Palm Store

Betrügerische Investment-Apps auf der Liste mit App-Empfehlungen des Palm Store

 

Einigen der Android-Werbe-Apps zeigten Werbebanner an, die zu „Gas-Apps“ oder „Quantum-Apps“ in den App-Stores führten. In anderen Fällen verlinkten sie stattdessen direkt auf die Betrugs-Websites. Eins hatten aber alle beworbenen „Dienste“ gemeinsam: Sie lockten mit todsicheren Angeboten, um mittels natürlicher Rohstoffe, Investment-Algorithmen und anderer Methoden mehrere hundert Dollar pro Tag zu verdienen, ohne dabei einen Finger zu rühren.

Werbung für betrügerische Apps

Werbung für betrügerische Android-Apps aus dem Bereich „Quantum- und Gas-Investitionen“

 

Fake-Videos oder: Warum Elon Musk und Recep Erdogan für Investmentplattformen werben

Doch das ist noch nicht alles: Neben diesen Apps und Websites haben wir auch einige umfangreiche Informationskampagnen aufdecken können, die Werbung für verschiedenste „Anlageplattformen“ machen.

Diese verbreiteten vor allem Fake News, die wie echte Nachrichtenartikel wirken und in denen gewöhnliche Menschen durch Investments zu plötzlichen Reichtümern kamen. Jede Kampagne war dabei auf eine bestimmte Zielregion ausgerichtet, indem sie etwa den Stil der dort führenden lokalen Nachrichtenmedien nachahmte und die Namen bekannter Politiker und Geschäftsleute aufgriff.

Fake-Nachrichtenartikel über plötzliche Investmenterfolge

Fake-Nachrichtenartikel über hohe Nebeneinkünfte durch Investmentplattformen

 

Begleitet wurde das Ganze von rund 800 Fake-Videos, die für fast alle Regionen der Welt lokalisiert wurden und in denen sich illustre Promis wie Politiker, Schauspieler und Geschäftsleute die Klinke in die Hand geben.

Dabei sind die prominenten Persönlichkeiten selbst im Ahnungslosen darüber, dass sie für solche Rollen „gebucht“ wurden. Die Macher der Videos verwenden dafür echtes Filmmaterial, das allein durch seine Aufmachung dem regionalen Zielpublikum bereits vertraut vorkommt: etwa Ausschnitte aus Interviews mit bekannten nationalen TV-Sendern oder aus Übertragungen öffentlicher Reden. Der hohe Wiedererkennungs- und Verwchechselungswert erhöht die Chancen für die Betrüger, dass sich potenzielle Opfer von diesen Fakes überzeugen lassen.

Die Videos an sich sind dabei von hoher Qualität. Das bearbeitete Videomaterial wird von sehr überzeugend klingenden Audiospuren unterlegt, was ein Hinweis auf den Einsatz von Audio-Deepfakes sein kann. Zudem werden sorgfältige erstellte Untertitel angezeigt, sodass die Videos auch ganz ohne Ton angesehen werden können.

Für ihre Firmennamen benutzen die Betrüger Bezeichnungen, die denen sehr ähnlich klingen, die ohnehin jeder kennt. In einem für den russischsprachigen Raum produzierten Video wird beispielsweise für eine Investmentplattform namens „Tesla X“ geworben. Diese entstand angeblich durch Elon Musk als Nebenprodukt seines Autopiloten-Systems für Fahrzeuge. Der Investment-Algorithmus der Plattform funktioniert dabei „wie ein Multikocher: Geben Sie Ihre Zutaten hinein und erhalten Sie ein zubereitetes Abendessen“ (indirektes Zitat).

Elon Musk und Leonardo DiCaprio plaudern über die "Tesla X Investmentplattform" (Ausschnitt aus Fake-Video)

Elon Musk und Leonardo DiCaprio plaudern über die „Tesla X Investmentplattform“ (Ausschnitt aus Fake-Video)

 

In einem türkischprachigen Video hingegen wird die Hauptrolle von niemand geringerem als dem Präsidenten der Türkei selbst „gespielt“. Dieser stellt scheinbar eine „Anlageplattform“ vor, auf der sich viel Geld machen ließe. Alles, was man dafür tun muss, ist lediglich 5000 Lira (rund 170 Dollar bzw. 160 Euro) in die angeblichen Aktien eines türkischen Staatsunternehmens für Öl- und Gas-Pipelines zu „investieren“.

Gefälschtes Video mit dem Präsidenten der Türkei

Reich werden dank Erdogan: mit einem 5000 Lira-„Investment“ sind Sie dabei (Ausschnitt aus Fake-Video)

 

Als nächstes folgt ein Video auf Spanisch. Darin rät der mexikanische Milliardär Carlos Slim seinen Landsleuten, über eine „Investmentplattform“ namens Oil Profit in Öl zu investieren.

Fake-Video mit Carlos Slim und Oil Profit

Milliardär Carlos Slim beim Anpreisen der Anlage-App „Oil Profit“(Ausschnitt aus Fake-Video

 

Es existieren unzählige solcher Videos, die für eine Vielzahl von Ländern und Regionen erstellt wurden. In den meisten von ihnen wird der Eindruck erweckt, als würden sie offizielle Unterstützung durch nationale oder regionale prominente Persönlichkeiten erhalten. Diese „motivieren“ unbedarfte Benutzer dazu, ihr Geld in große öffentliche und private Projekte zu investieren. In Wahrheit fließen die Investitionen natürlich direkt in die Taschen der Betrüger.

Noch ein paar Beispiele gefällig? Den Bürgern der Republik Moldau wird etwa von der Moldindconbank eine saftige Rendite versprochen, denn „die Zahlungen werden vom Zentralbank-Chef höchstpersönlich garantiert!“ Bürgern aus Kasachstan wiederum wird es empfohlen, in KazMunayGas zu „investieren“. Bürgern aus Rumänien hingegen in Romgaz. Und selbstverständlich lassen es sich die beiden Präsidenten der jeweiligen Länder auch nicht nehmen, „für die Hauptrollen einzuspringen“. In Korea hingegen motiviert man die Bürger dazu, in eine gefälschte „Investmentplattform auf nationaler Ebene“ zu investieren, die offenbar aus dem Hause Samsung stammt. Und bulgarische Bürger? Na klar, diese sollten lieber bei der (nicht weniger gefälschten) Bulgarian Energy Holding anlegen. Und das sind nur einige wenige Beispiele…

Gas allein ist nicht alles: Die „Öl“-Betrüger im App Store und bei Google Play

Im Rahmen weiterer Untersuchungen zu Carlos Slim, der plötzlich ÖI-Investments anzupreisen scheint, stießen wir im App Store und bei Google Play auf mehrere weitere Apps mit verschiedenen Variationen des Namens „Oil Profit“ im Titel (Rechtschreibung und Zeichensetzung der Entwickler wurde beibehalten):

  • Oil Profit – Trading Insignts
  • Oil – Profit, Trade, News
  • Oil Profit – News & Help
  • Oil Profit : Ai Technology
Betrugs-Apps versprechen Erlöse aus Öl-Investments

Betrugs-Apps im App Store und bei Google Play versprechen Erlöse aus Öl-Investments

 

Die Masche der „Öl-Apps“ entspricht im Groben der ihrer Verwandten, die „in Gas machen“. Und obwohl Code-Analysen darauf hindeuten, dass diese Kampagne eher an Mexiko, Frankreich, Italien, Polen und die arabischen Länder gerichtet ist, sind diese Apps vorrangig in englischer Sprache gehalten. Zunächst werden dem potenziellen Opfer Videos gezeigt, die eine unglaubliche Bereicherung versprechen. Im nächsten Schritt werden sie darum gebeten, an einer Umfrage in Form eines Gesprächs mit einem Chatbot (der „Oil Profit-KI“) teilzunehmen. Nach Abschluss der Umfrage winkt immerhin eine satten Rendite von 777 $ pro Tag!

Vorgehensweise von betrügerischen Öl-Investment-Apps

Die interne Funktionsweise der betrügerischen Oil Profit-App: Ein verlockendes Video, eine großen Reichtum versprechende Umfrage und das Angebot, den Anruf von einer „Kontaktperson“ anzunehmen

 

Es folgt ganz selbstverständlich das Angebot, einen Anruf von einem „Spezialisten“ anzunehmen, der sich innerhalb eines Werktages bei dem Opfer melden würde. Während eines solchen Anrufs wird das Opfer letztendlich dazu überredet, sich unter Vortäuschung unterschiedlichster Investmentmöglichkeiten von seinem Geld zu trennen.

So können Sie sich schützen

Wenn Ihnen jemand einen Batzen Bargeld für (nahezu) nichts anbietet, ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass Sie derjenige sind, der ihm das Geld gibt – und nicht etwa umgekehrt. Um vor betrügerischen Apps und Smartphone-Malware bestens geschützt zu sein, können Sie alle Ihre Geräte absichern, indem Sie einen umfassenden Schutz installieren – etwa unser Kaspersky Premium.

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