Der Missbrauch von Big Data ist das Schlimmste, was der Privatsphäre passieren kann – von endloser Überwachung durch Regierungen, den Schnüffeleien von Versicherungen bis zu tyrannischen Arbeitgebern. Doch egal, ob es Ihnen gefällt oder nicht: Wir leben bereits im Zeitalter der digitalen Spionage.
Verteidigung der Privatsphäre Ihres Kühlschranks
Versicherungen kaufen Informationen zu Ihren Kreditkartenzahlungen. Sie wollen wissen, ob Sie in Fast-Food-Restaurants essen, welche Magazine sie abonniert haben und welche Medikamente Sie auf Rezept kaufen.
Ihr Kaufverhalten ist das Lieblingsfutter von Analysten, die die Daten benötigen, um vorhersagen zu können, ob sie ein zuverlässiger Kunde mit gesundem Finanzverhalten sind. Bedenkliche Kunden, die zum Beispiel häufig Hamburger und Pommes essen, müssen dann mit höhen Beiträgen für die Lebensversicherung oder sogar mit einer Ablehnung rechnen. Wenn Sie also unter anderem den Inhalt Ihres Kühlschranks geheim halten möchten, sollten Sie vielleicht besser bar bezahlen.
RT @WhatTheyKnow: Life insurers test using online, offline marketing data to predict longevity http://on.wsj.com/dul18v
— The Wall Street Journal (@WSJ) November 19, 2010
Konten bei Sozialen Netzwerken sind eine weitere Quelle wertvoller Informationen, die ganz freiwillig von den Menschen veröffentlicht werden. Und dann gehören auf einmal die Fans der Facebook-Gesundheitsgruppe zu den Gewinnern, während die Fans des Buffalo Barbecue in die Verliererkategorie eingeordnet werden. Deshalb ist es so wichtig, die Privatsphäre-Einstellungen bei Facebook richtig einzurichten.
Intime Beziehungen… mit einer Bank
Banken stehen bei diesem Wettlauf um Ihre Daten direkt neben den Versicherungen. Sie brauchen einen Kredit? Die Analysten werden Ihr Kaufverhalten überprüfen, um festzustellen, ob sie alles für Urlaubsreisen verprassen oder teure Markenwaren einkaufen. Die Bank will Sie noch besser kennen, als Ihre Mutter Sie kennt.
Diese aufgezwungenen Beziehungen führen zu echten finanziellen Konsequenzen: Wenn die Bank denken, dass Sie zu viel ausgeben, werden Sie höhere Zinsen für den Kredit zahlen müssen. Menschen in „unzuverlässigen“ Gruppen bekommen bestimmte Kredite oder Dienstleistungen vielleicht gar nicht, einfach nur weil sie die entsprechenden Produkte gar nicht angeboten bekommen.
https://twitter.com/nathansnewman/status/577794439659307008
Das ist traurig, denn das standardisierte Ablehnen von Krediten und Dienstleistungen durch Banken vergrößert die Schere zwischen Arm und Reich nur weiter.
Big Data im Personalbüro: Traum oder Alptraum?
Sie werden auch von Ihrem Arbeitgeber überwacht: Es gibt Software, die Ihren Chef informiert, wann Sie kündigen werden, selbst wenn Sie den Entschluss noch gar nicht gefasst haben. Ein Programm kann auch voraussagen, welche Mitarbeiter am ehesten ihre Budgets überziehen werden. Davon abgesehen zeigt die Datenanalyse auch, dass Menschen, die drei oder mehr Konten bei Sozialen Netzwerken haben und Standard-Browser verwenden, ihre Stelle öfter wechseln (und es gibt viele ähnliche Beobachtungen).
Auch wenn das alles eher unheimlich klingt, verwenden manche Firmen Big Data bereits, um Einstellungs- und Beförderungsentscheidungen zu treffen. Aber eine Software, die Ihre zukünftigen Entscheidungen voraussehen kann? Ist das nicht ein bisschen zu viel Science Fiction wie in „Minority Report“?
Will you next recruiter be a robot? Will your performance be analysed by an algorithm? See the future of Bank HR: http://t.co/3Mf7YJjj7L
— Bruno SARRANT (@bsarrant) August 3, 2015
Solche Programme werden als frei von menschlichen Vorurteilen angepriesen. Allerdings werden sie von Menschen eingerichtet. Menschen, die Vorurteile haben und Fehler machen können. Es gab bereits einen Fall, bei dem das Programm einen sehr guten Bewerber für eine Stelle abgelehnt hat, weil es falsche Anweisungen bekommen hat. Das Problem ist, dass uns bei der Benutzung solcher Lösungen nach wie vor ethische und praktische Erfahrungen fehlen. Während der Probezeit, in der Firmen neue Technologien ausprobieren, dürfen Arbeitgeber und Arbeitnehmer das niemals vergessen.
Aufgepasst, hier kommt das Marketing!
Auch das Marketing hat Big Data bisher nicht immer ohne Fehler verwendet. Hier ein paar berühmte Patzer der letzten Jahre.
Die Schreibwarenkette OfficeMax schickte Rabattcoupons an einen Kunden, doch der Briefumschlag war adressiert mit „Mike Seay, Tochter in einem Autounfall getötet“. Ein Jahr zuvor starben die 17 Jahre alte Tochter und ihr Freund wirklich in einem Autounfall. Nach wie vor ist unklar, warum die Firma diese vertrauliche Information im Profil des Kunden gespeichert hat.
A big oops, @tripsy! 7 Big Data Blunders You're Thankful Your Company Didn't Make, via @Umbel http://t.co/lGmVTLgbSy #BusinessLessons
— TeleDevelopmentPH (@TeledevPH) June 30, 2015
Eine mittlerweile berüchtigte Kampagne der amerikanischen Supermarktkette Target brachte eine weitere Marketing-gegen-Privatsphäre-Diskussion ins Rollen: Die Firma veröffentlichte, dass ein Teenager schwanger sei, bevor das Mädchen irgendjemandem in ihrer Familie Bescheid gesagt hatte. Target informierte den zukünftigen Opa, indem dessen Tochter Rabattcoupons für Kinderbetten und Babykleidung geschickt wurden.
How Target figured out that a teenage girl was pregnant before her father did: http://t.co/6C2AXPMXV0 #forbesgreatesthits
— Forbes (@Forbes) December 21, 2013
Nach diesem Fall wurde Target vorsichtiger und beschloss, bei solchen Aussendungen verschiedene andere Coupons in das Paket zu mischen, um ihr „allsehendes Auge“ zu verschleiern.
„Wir haben herausgefunden, dass eine schwanger Frau die Coupons verwendet, solange sie glaubt, dass sie nicht ausspioniert worden sei. Sie nimmt einfach an, dass jeder andere die gleichen Coupons für Windeln und Babykleidung erhalten hat. Und so lange wir sie nicht erschrecken, funktioniert das“, so das Unternehmen zu Forbes.
Ist „sanfte“ Spionage besser als offensichtliche? Sie schont die Nerven, aber in Wirklichkeit ist es fast unmöglich, etwas vor den Datensammlern geheim zu halten. Erinnern Sie sich nur an Janet Vertesi und ihren Freund, die ihre Schwangerschaft offline halten wollten.
https://twitter.com/cyberlyra/status/460480470644711424
Das Paar verwendete Tor, wenn es nach Babyprodukten im Internet suchte; sie baten Freunde und Familienmitglieder darum, die Neuigkeit nicht auf Facebook oder anderen Sozialen Medien zu verbreiten und sie bezahlten immer wenn es möglich war mit Bargeld. Dabei kam Vertesi zu dem Schluss, dass man, wenn man seine eigene Schwangerschaft geheim halten möchte, „sich wie ein Drogendealer verhalten muss.“ Wirklich unheimlich!
Schutz für Kundendaten… Machen Sie Witze?
All diese gierigen Datensammler sind leider nicht gerade sicher. Wenn Hacker in deren Systeme einbrechen, bekommen sie Ihre Daten auf dem Silbertablett.
Die angsteinflößende Seite von #BigData: Banken, Versicherungen, Arbeitgeber… #Privatsphäre
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Manchmal passieren Dinge aber einfach aus Dummheit. Der nächste Fall könnte lustig sein, wenn er nicht so traurig wäre: Im Jahr 2014 verlor Money Shop, ein Anbieter von Finanzdienstleistungen, zwei Server, weil das Unternehmen seine eigenen Sicherheitsregeln missachtet hat. Money Shop hat Dateien alter Kunden nicht gelöscht, nutzte keine zuverlässige Verschlüsselung und hatte die Server in unverschlossenen Räumen stehen – man musste sich nur bedienen! Die Firma wurde deshalb kürzlich zu 278.500 Dollar Strafe verurteilt, da sie damit potenziellen Betrug und finanzielle Verluste bei ihren Kunden ermöglicht hat.
Big fine for The Money Shop holds lessons on how businesses should safeguard customer data: https://t.co/Cl3lk7LPJ1 #DataProtection #privacy
— Simon Deane-Johns (@sdjohns) August 10, 2015
Traurigerweise ist niemand sicher: Weder Banken, noch Krankenhäuser, noch große Seehäfen. Kriminelle haben bereits riesige Organisation wie Home Depot, Target, die Banken JP Morgan und Barclays sowie viele andere gehackt.