Sind gelöschte Daten wirklich gelöscht? Wir haben es getestet

IT-Sicherheitsexperten von Kaspersky haben gebraucht verkaufte Medien getestet und auf 90% aller Geräte noch Daten des Vorbesitzers gefunden.

Wie viele Daten werden ungewollt, sozusagen „frei Haus“ beim Kauf von Secondhand-Geräten mitgeliefert? Diesen Fragen sind unsere IT-Sicherheitsexperten nachgegangen und haben gebrauchte Notebooks sowie diverse Speichermedien, wie interne und externe Festplatten, USB-Sticks und Speicherkarten verschiedener Formate auf mögliche Datenspuren hin untersucht. Das Ergebnis sollte Käufer und Verkäufer von gebrauchten Smartphones, Laptops oder Festplatten aufhorchen lassen. So wurden bei etwa 90 Prozent der insgesamt 185 überprüften Speichermedien nicht oder nur unzureichend gelöschte Daten entdeckt – sowohl private als auch geschäftliche. Bei 16,4 Prozent war sogar ein direkter Zugriff auf diese möglich; auf drei von vier untersuchten Speichern (73,8 Prozent) konnten Daten durch File Carving [2] wiederhergestellt werden.

Sieht man sich die Art der Dateien an, die auf den analysierten Speichermedien zu finden waren, zeigt sich, dass es sich beim Großteil (92,6 Prozent) um private Informationen handelt. Jedoch war auch ein Anteil an Unternehmensdaten (6,7 Prozent) zu verzeichnen – von Meeting-Notizen, Kalendereinträgen über Zugangsdaten zu Unternehmensressourcen bis hin zu einer internen Vertraulichkeitsvereinbarung eines Automobilherstellers.

 

Ungelöschte Daten bieten tiefe Einblicke in das Leben anderer

Die Bandbreite der im Rahmen der Analyse entdeckten, privaten Daten war ebenfalls vielfältig. Neben eher unkritischen Dateien wie Musik- sowie Video-Dateien oder Anwendungsprogrammen fanden sich jedoch auch sensible persönliche Informationen, die unbekannten Dritten grundsätzlich verborgen bleiben sollten. Hier ein Auszug:

  • Private Fotos (auf 97 Speichern), darunter auch Fotos oder Scans von Führerscheinen,
  • Personalausweisen, Kreditkarten (Vorder- und Rückseite) und einer relativ professionell angelegt wirkenden Cannabis-Aufzucht
  • Private Videos (auf 29 Speichern)
  • Pornographische Inhalte
  • Partybilder mit Alkohol und Drogen
  • Nacktfotos der Partner
  • Bankunterlagen (unter anderem auch die kompletten Daten eines Home-Banking-Accounts, inklusive Passwort)
  • Zugangsdaten zu allerlei Onlineplattformen wie Social-Media und Shoppingseiten
  • Intime Briefkorrespondenzen
  • Arztbefunde
  • Kontaktdaten
  • Gehaltsabrechnungen
  • Arbeitsverträge
  • Steuerbescheide und – unterlagen
  • Rechnungen
  • WhatsApp-Korrespondenzen

Schadprogramme gleich mitgekauft

Auf den 185 analysierten Speichermedien schlug im Rahmen der Analyse darüber hinaus bei 16,6 Prozent der Viren-Scanner Alarm – auf diesen wurde mindestens ein Schadprogramm entdeckt. Kaspersky empfiehlt daher Käufern von Secondhand-Geräten direkt nach dem Erwerb und vor dem ersten Gebrauch immer zunächst eine Sicherheitssoftware wie Kaspersky Security Cloud zu aktivieren und einen Sicherheits-Scan durchzuführen.

Löschen will gelernt sein – sonst drohen konkrete Gefahren

„Vertrauliche Daten auf Laptops, Tablets oder Smartphones sollten generell immer verschlüsselt gespeichert werden“, betont Marco Preuß, Leiter des Forschungs- und Analyse-Teams Europa bei Kaspersky. „Denn selbst, wenn man das Gerät nicht irgendwann weiter verkaufen möchte, muss man immer die Möglichkeit eines Verlusts oder eines unautorisierten Zugriffs in Betracht ziehen. Der mögliche Schaden, wenn persönliche Daten in falsche Hände gelangen, ist enorm. Neben Identitätsdiebstahl oder Zugriff auf Konten, wären auch eine Erpressung oder gar der gesellschaftliche Ruin der ursprünglichen Besitzer möglich. Zudem könnten Daten benutzt werden, um Angriffe auf den vorherigen Eigentümer des Geräts wie auch dessen nahestehende Personen – Familie, Freunde oder Peers – durchzuführen.“

„Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass mit der einfachen Löschung von Daten oder einer Formatierung eines Datenträgers tatsächlich alle Daten unwiederbringlich im Nirvana landen“, ergänzt Christian Funk, Leiter des Forschungs- und Analyse-Teams DACH bei Kaspersky. „Bei einer nicht richtig durchgeführten Löschung von Daten haben Datensucher leichtes Spiel, denn bereits kostenlose Tools können diese mit wenig Aufwand wiederherstellen. Nur eine komplette Überschreibung der tatsächlichen Informationen auf einem Datenträger schafft hier Abhilfe. Auch veraltete Medien sollten nicht leichtfertig veräußert werden. Die Kritikalität sensibler, persönlicher Daten verliert mit der Zeit selten an Schlagkraft, auch wenn die Erfassung selbst weit in der Vergangenheit liegt.“

Auch das BSI warnt auf der eigenen Homepage vor Gefahren durch nicht-korrekt gelöschte Daten: „Wenn nicht oder nur unzureichend gelöschte Datenträger weitergegeben, verkauft oder ausgesondert werden, können dadurch unbeabsichtigt schützenswerte Informationen in falsche Hände gelangen. Dadurch können erhebliche Schäden entstehen. Jede Institution muss deshalb eine Vorgehensweise zum sicheren Löschen und Vernichten von Informationen etablieren.“

 

Kaspersky-Tipps: Wie man Daten sicher löscht

Daten löschen mittels File Shredder

Beim „normalen“ Löschen über die Entf-Taste mit anschließendem Entleeren des Papierkorbs werden die Dateien nicht richtig gelöscht, sondern lediglich der Verweis auf ihren Ort auf dem Datenträger wird entfernt. Damit eine Datei vollständig gelöscht wird, muss der tatsächliche Speicherbereich mit anderen Informationen überschrieben werden. Werden Daten „geshreddert“, werden diese teilweise mehrfach überschrieben, so dass eine Wiederherstellung erschwert oder unmöglich gemacht wird.

Um Dateien zu schreddern, gibt es dedizierte Programme. Einige Sicherheitslösungen wie Kaspersky Total Security haben solche File Shredder direkt mit integriert.

Nach der Installation eines solchen Programms können in der Regel diejenigen Dateien oder Ordner ausgewählt werden, die unwiderruflich gelöscht werden sollen. In den Einstellungen lässt sich üblicherweise festlegen, wie oft der Speicherplatz überschrieben werden soll. Der Shredder löscht die Daten dann und überschreibt ihren Speicherort mit Zufallsdaten.

 

Cipher-Daten löschen mit Bordmitteln

Mit dem Windows-eigenen Bordmittel „Cipher“ können Dateien oder Verzeichnisse recht zuverlässig gelöscht werden. Das Tool dient eigentlich der Verschlüsselung von Dateien, kann diese aber auch von der Festplatte löschen beziehungsweise unbrauchbar machen. Die Nutzung des Windows-Tools ist vor allem dann sinnvoll, wenn keine zusätzlichen Programme zum Löschen von Daten heruntergeladen werden sollen.

Die vollständige Kaspersky-Analyse „Private Daten frei Haus? Welche und wie viele Informationen auf gebrauchten Geräten zu finden sind“ ist verfügbar unter https://kas.pr/zcz3

 

[1] Für die Analyse wurden im Oktober und November 2020 insgesamt 185 Speichermedien (63 Micro-SD-Karten, 29 SD-Karten, 28 interne Festplatten von Laptops beziehungsweise Notebooks, 21 M2-Speicherkarten, 17 externe USB-Laufwerke, 11 CF-Speicherkarten, 6 Speichersticks, 6 Mini-SD-Karten, 2 MMC-Speicherkarten und 2 USB-Sticks) einer Überprüfung nach möglichen Datenspuren unterzogen. Dabei wurde auf alle Medien nur schreibgeschützt zugegriffen, deren Inhalt analysiert und ein sachliches Protokoll über den jeweiligen inhaltlichen Zustand erstellt.

[2] File Carving ist eine Methode, um Dateien auf Speichermedien ohne die Hilfe von Meta- oder Zuweisungsinformationen des Dateisystems zu identifizieren.

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