Soziale Netzwerke: Fragen und Antworten mit Eugene Kaspersky

Die Sicherheit von Sozialen Netzwerken und ihrer Nutzer ist für Firmen und Heimanwender heute wichtiger denn je. Millionen von Menschen verlassen sich bei der Kommunikation mit ihren Freunden und Kollegen

Die Sicherheit von Sozialen Netzwerken und ihrer Nutzer ist für Firmen und Heimanwender heute wichtiger denn je. Millionen von Menschen verlassen sich bei der Kommunikation mit ihren Freunden und Kollegen auf Netzwerke wie Facebook und Twitter. Angriffe auf diese Netzwerke und ihre Nutzer untergraben das Vertrauen, das ihnen viele Menschen entgegenbringen. Eugene Kaspersky, CEO von Kaspersky Lab, beantwortete kürzlich Fragen zur Sicherheit von Sozialen Netzwerken.

Q: Soziale Netzwerke werden von Spam überflutet. Werbung und Einträge wie „Teilen Sie diesen Link in Ihrer Chronik und werden Sie reich“ setzen die Qualität und Wichtigkeit echter Informationen auf Blogs und anderen Seiten herab. Zudem sind Soziale Netzwerke mittlerweile auch ein ernstzunehmendes Instrument für Unternehmen, so dass die Menge nützlicher Informationen weiter reduziert wird. Bedeutet das, dass heutige Soziale Netzwerke in vielen Fällen nur eine Seifenblase sind?

Eugene Kaspersky: Das ist ein allgemeines Problem im Cyberspace, nicht nur bei Sozialen Netzwerken: Fast 72 Prozent des gesamten E-Mail-Traffics sind SPAM, mehr als ein Viertel aller mobilen Apps wird nur einmal benutzt. Aber ich würde nicht sagen, dass Soziale Netzwerke nur eine Seifenblase sind – sie sind perfekt für die Kommunikation und ersetzen sogar traditionelle Kommunikationskanäle – etwa E-Mails, Telefone und persönliche Treffen. In manchen Fällen ersetzen sie sogar das Leben selbst.

Q: „Medizin oder Gift – eine Frage der Dosierung.“ Können Sie fünf Beispiele nennen, wie Soziale Netzwerke für gute und böse Zwecke eingesetzt werden?

Eugene Kaspersky: Zunächst die fünf Vorteile von Sozialen Netzwerken:

1) Sie sind ein perfektes Kommunikationswerkzeug – wahrscheinlich die einfachste Möglichkeit, zwei Menschen von verschiedenen Kontinenten zu verbinden. Mit der Verbreitung von mobilen Apps wurde das sogar noch einfacher.

2) Man findet Clubs und Gruppen für jedes Hobby und alle Interessen – es gibt nichts einfacheres, um neue Freunde zu finden, mit denen man einen Fallschirmsprung macht oder zum Snowboarding fährt.

3) Sie ermöglichen es, eigene Medieninhalte zu veröffentlichen – kostenlos und unzensiert. Jeder kann ein Blog eröffnen, Podcasts aufnehmen oder sogar seinen eigenen Videokanal aufbauen.

4) Soziale Medien durchbrechen die Grenzen – sie sind eine Brücke, die Nationen verbindet (mit einigen Einschränkungen). Deshalb muss dieser Kanal auch frei verfügbar bleiben – die Menscheit hat endlich die Chance, eins zu werden.

5) Rund um die Uhr online – Handys und E-Mails nutzen wir nicht so oft 🙂

Und hier die Punkte, wie Soziale Netzwerke gefährlich und schädlich sein können:

1) Soziale Netzwerke sind perfekt, um private Informationen zu sammeln – und wenn Cyberkriminelle Soziale Netzwerke nutzen, können und werden diese Informationen gegen die Menschen verwendet. Die Netzwerke sind zudem ein Ort, an dem Ihre Kinder mit unangenehmen oder sogar gefährlichen Menschen in Kontakt kommen können. Die Tatsache, dass die Kategorie ‚Soziale Netzwerke‘ bei den Warnungen der Kindersicherung (in den Kaspersky-Produkten) weltweit an zweiter Stelle steht, zeigt dass Kinder unbedingt auf Soziale Netzwerke zugreifen wollen.

2) Soziale Netzwerke sind einzigartige Social-Engineering-Plattformen. Wenn wir Facebook oder Twitter nutzen, werden wir zu Versuchskaninchen. Jeder Schritt kann aufgezeichnet und analysiert werden. Marketingagenturen, Geheimdienste – sowohl private als auch staatliche Organisationen nutzen dieses Werkzeug für Verhaltenstests.

3) Desinformation. Soziale Netzwerke sind für Medien-Profis die einfachste Art, Neuigkeiten zu verbreiten. Selbst wenn die Neuigkeit nur eine Falschmeldung ist – es ist schwer, dabei die Wahrheit herauszufinden.

4) Ein großes Problem ist, dass Soziale Medien von Extremisten, Terroristen und Cyberkriminellen zum Anwerben neuer Mitglieder für ihre kriminellen Gruppen genutzt werden können.

5) Soziale Medien sind wie eine Droge – es ist viel leichter, online erfolgreich zu wirken, als im echten Leben erfolgreich zu sein. Und wenn Soziale Medien eines Tages essentiell wichtig werden, aus irgendeinem Grund aber zusammenbrechen, werden sich Millionen von Menschen hilflos und richtig schlecht fühlen.

Q: Eine ganz schöne Liste. All das sollte in Nutzungsbedingungen beschrieben werden. Allerdings liest die nie jemand durch – die Leute klicken einfach auf „Ich stimme zu“ und machen weiter. Was ist der Sinn von Nutzungsbedingungen, wenn sie keiner liest?

Eugene Kaspersky: Kurz gesagt, alle Nutzungsbedingungen sind eine rechtliche kugelsichere Weste für das Unternehmen, das einen Service oder Software anbietet. Eine Versicherung, ähnlich den „Dummheitswarnungen“ auf Produkten – falls sich ein Kunde entschließt, heißen Kaffee über seine Knie zu schütten, um zu sehen, wie sich das anfühlt, oder seine Armbanduhr kochen möchte. Im Internet gilt das gleiche – wenn sich jemand entschließt, seine persönlichen Daten, inklusive privater Fotos und GPS-Daten, zu teilen, wird ihn keine Firma und kein Soziales Netzwerk aufhalten. Firmen brauchen die Nutzungsbedingungen, um alle möglichen Arten von Rechtsfällen zu verhindern – in unserem derzeitigen Rechtssystem haben sie keine andere Möglichkeit, denn ehrlich gesagt, ist die aktuelle Rechtsprechung für das Ökosystem des Internets und der Sozialen Medien nicht gerade passend.

Q: Sprechen wir über Soziale Medien aus Sicht der Security – welches Maß an Sicherheit in Sozialen Netzwerken kann man erwarten, wenn man eine hochwertige Antiviren-Software kauft? Welche Bedrohungen werden entdeckt und vor welchen Gefahren kann Software wahrscheinlich nie schützen?

Eugene Kaspersky: Angriffe über Soziale Netzwerke passieren meist auf mehreren Ebenen. Zunächst versuchen die Eindringlinge, Zugang zu Ihrem Konto zu erlangen – über eine Phishing-Seite oder durch Schadprogramme, die Passwörter stehlen. Anschließend nutzen die Angreifer die gestohlenen Konten für ihre eigenen Zwecke. Das kann die Verteilung von Spam, der Diebstahl von Bankkonten oder einfach nur der Zugriff auf persönliche Daten sein. Ebenfalls gefährlich ist, wenn Kriminelle Links zu schädlichen Seiten an alle Freunde des Opfers schicken. Die Menschen sind daran gewöhnt, auf Links zu klicken, die von Leuten kommen, denen sie vertrauen. Ein schädlicher Link installiert allerdings vielleicht schädliche Software auf ihrem Rechner. Später können die infizierten Computer als Teil eines Botnetzes für verschiedene kriminelle Zwecke missbraucht werden. Eines unserer Produkte, Kaspersky Internet Security 2013, ist genau darauf ausgerichtet, Ihre Identität vor Cyberkriminellen und den aktuellsten Schadprogrammen zu schützen.

Allerdings gibt es keine Software, die hundertprozentigen Schutz vor ausgeklügelten, personalisierten Attacken mit Social-Engineering-Elementen garantieren kann. Wenn Sie von einem anderen Menschen angegriffen werden, und er in mehreren Stunden freundlicher Gespräche den Schlüssel zu Ihrer Seele gefunden hat, gibt es nichts und niemanden, der Sie verteidigen kann – außer Sie selbst. Mein Tipp ist dennoch sehr einfach – vertrauen Sie niemals Menschen, die Sie nur durch Chats in Sozialen Netzwerken kennen. Ehrlich – machen Sie keine Geschäfte mit jemandem oder geben Sie private Informationen an jemanden, den Sie noch nie persönlich getroffen haben. Und nutzen Sie Ihren Verstand – in einer Mausefalle gibt es keinen kostenlosen Käse.

Q: Gibt es vielleicht irgendwann eine kostenlose Antiviren-Software von Kaspersky Lab?

Eugene Kaspersky: Wir haben einige kostenlose Tools, die von unserer Seite heruntergeladen werden können: Kaspersky Security Scan, die Kaspersky Rescue Disk 10 und das Kaspersky Virus Removal Tool. Das sind keine kompletten Antivirus-Programme, sie helfen aber, Ihren Rechner zu überprüfen und Schwachstellen zu finden.

Kostenlose Antiviren-Software kann nie so effektiv sein wie kostenpflichtige. Hochentwickelte Security-Software ist heute kein Produkt mehr, sondern ein Service, der täglich geleistet wird – mit einer hochkomplexen Infrastruktur im Hintergrund (Server, automatische Scanner, Künstliche Intelligenz zur Kategorisierung neuer Malware, riesigen Datenbanken, täglichen Aktualisierungen, ausgebildeten Spezialisten etc). Und ein qualitativ hochwertiger Service kann niemals kostenlos angeboten werden.

Q: Es gibt Millionen von Geräten, die mit dem Internet verbunden sind, und es sollen noch viel mehr werden – ein Haufen neuer, günstiger Smartphones ist angekündigt, das Internet wird in Autos, Kühlschränke, Mikrowellen und Fernseher integriert. Google und die anderen Firmen aus dem Silicon Valley forcieren neue Technologien wie Augmented Reality, Google-Brillen etc. Das sind alles neue potentielle Zugänge zu Sozialen Netzwerken. Wird dabei auch an die Sicherheit gedacht?

Eugene Kaspersky: In den meisten Fällen denken die Hersteller überhaupt nicht an die Sicherheit. Der Homo Sapiens ist so gebaut – wir denken als erstes an unseren Komfort, günstige Preise und erst dann… an alles andere. Security-Probleme sind normalerweise das letzte, das einem in den Kopf kommt. Und meistens ist es dann zu spät.

Update: Das in diesem Artikel beschriebene Produkt wird nicht länger unterstützt. Um Ihren Desktop oder Laptop auch in Zukunft zu schützen, verwenden Sie bitte Kaspersky Free Antivirus.

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