Ein Blick in die persönlichen Tagebücher oder Notizblöcke anderer Personen galt schon immer als Verletzung der Privatsphäre. Inzwischen sind To-do-Listen und Tagebücher digital, und darum musst du nicht nur auf neugierige Freunde aufpassen – auch Technologieunternehmen sind jetzt mit von der Partie. Früher haben sie in deinen Dokumenten geschnuppert, um dich mit gezielter Werbung zu berieseln. Mittlerweile hat sich das Spiel geändert, und deine Daten werden jetzt gebraucht, um KI zu trainieren. Erst in den letzten Wochen wurde bekannt, dass Reddit, Tumblr und sogar DocuSign die von Nutzern erstellten Texte verwenden oder verkaufen, um große Sprachmodelle zu trainieren. In den letzten Jahren gab es umfangreiche Ransomware-Vorfälle, gehackte Notizen-Apps und massenhafte Datenlecks. Darum solltest du diese Gefahr nicht unterschätzen. Es geht um deine Daten!
Wie kannst du deine digitalen Notizen bequem und sicher aufbewahren? Die Lösung heißt Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Das Konzept kennst du vermutlich von sicheren Messaging-Apps: Deine Nachrichten können nur auf deinem Gerät und dem Gerät der Person, mit der du dich unterhältst, entschlüsselt und angesehen werden. Das Unternehmen, das den Dienst anbietet, kann deine Nachrichten nicht lesen, da es nicht über den Chiffrierschlüssel verfügt.
Die meisten Nutzer bevorzugen Notizen-Apps, die in ihre Smartphones (wie Apple Notes) oder Office-Suiten (z. B. Microsoft OneNote) integriert sind. Diese Apps gelten jedoch nicht gerade als Fort Knox, wenn es um den Datenschutz geht. Einige Apps, wie beispielsweise Google Notizen, bieten nicht einmal eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Andere, wie Apple Notes, unterstützen die Verschlüsselung für einzelne Notizen oder Ordner. Deshalb gibt es spezielle, wenn auch weniger bekannte Apps für wirklich sensible Notizen. Wir wollen uns einige davon anschauen und sie vergleichen.
Joplin
Plattformen: Windows (32/64 Bit), macOS (Intel/Apple Silicon), Linux, iOS, Android
Individuelle Lizenz: kostenlos
Synchronisierungsoptionen: proprietäre Joplin Cloud, Dropbox, ownCloud, Nextcloud, OneDrive, S3, WebDAV über Plug-ins
Synchronisierung der nativen Plattform: ab 2,99 €/Monat
Offenes Format: nein, aber Daten können als Text exportiert werden
Open Source: ja
Website: joplinapp.org
Die Entwickler von Joplin haben sich offenbar an Evernote orientiert, wobei sie wohl störte, dass diese App in den letzten Jahren immer komplexer wurde und den Open Source-Gedanken nicht unterstützt. Notizen werden im Markdown-Textformat gespeichert. Joplin unterstützt Anhänge, verschachtelte Ordner, Tags und Notizbücher. Es gibt nur zwei Vorlagen: „Notiz“ und „To-do-Liste“. Die Suche funktioniert blitzschnell.
Die Synchronisierung zwischen Geräten basiert auf „Treibern“. Dies sind eigentlich Plug-ins, die für konkrete Dienste entwickelt wurden. Die Joplin-Entwickler pflegen ein knappes Dutzend dieser Treiber für alle gängigen Synchronisierungsdienste, wie z. B. Dropbox. Für eine reibungslose Zusammenarbeit und zusätzliche Funktionen, wie das Versenden von Notizen per E-Mail, ist ein Abonnement der proprietären Joplin Cloud erforderlich, die jedoch recht günstig ist. Schüler, Studierende und Lehrer erhalten 50 % Rabatt.
Die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist standardmäßig deaktiviert. Sobald du sie jedoch aktivierst, werden deine gesamte Datenbank und alle Anhänge automatisch verschlüsselt. Auf PCs ist die Architektur jedoch nicht perfekt: Anhänge werden sowohl in einer verschlüsselten als auch in einer unverschlüsselten Version gespeichert.
Joplin bietet mehr als 200 Plug-ins, mit denen du Funktionen hinzufügen kannst. Das Einrichten ist mitunter etwas mühsam.
Vor Kurzem haben die Entwickler die Texterkennung für Bilder hinzugefügt. Da Notizen jedoch verschlüsselt sind, kann sie der Server nicht lesen. Daher funktioniert die Suche in Fotos und PDF-Dateien erst, nachdem die Notiz auf deinem Computer verarbeitet wurde.
Joplin kann Notizen im proprietären Evernote-Format importieren und alle Daten in einfache Textdateien exportieren.
Obsidian
Plattformen: Windows (32/64 Bit, ARM), macOS (Intel/Apple Silicon), Linux, iOS, Android
Individuelle Lizenz: kostenlos
Synchronisierungsoptionen: proprietärer Dienst, FTP, Dropbox, S3 und andere Dienste über Plug-ins
Synchronisierung der nativen Plattform: ab 4 US-Dollar/Monat
Offenes Format: ja
Open Source: nein
Website: obsidian.md
Obsidian unterscheidet sich von anderen Notizen-Apps durch den Akzent auf organisatorische Aspekte. Es ist ganz einfach, Notizen miteinander zu verknüpfen, Gruppen und Hierarchien zu erstellen und im Canvas-Modus sogar Mindmaps zu entwerfen. Jede Notiz ist nur eine lokal gespeicherte Textdatei, sodass du sie auch in anderen Apps bearbeiten kannst.
Obsidian hat auch eine reichhaltige Online-Community, in der es über 1.500 Plug-ins gibt. Damit kannst du Obsidian mit Dutzenden von externen Diensten verbinden, bestimmte Arten von Notizen verwalten (von Rezepten bis hin zu chemischen Formeln), Text automatisch mit ChatGPT verarbeiten und vieles mehr.
Um deine Daten zwischen Geräten zu synchronisieren, kannst du den kostenpflichtigen Dienst von Obsidian abonnieren, ein Drittanbieter-Plug-in verwenden oder deine Notizen einfach in einem freigegebenen Cloud-Ordner auf Dropbox oder OneDrive speichern. Von diesen Varianten bietet nur der native Obsidian Sync-Dienst eine Verschlüsselung. Wenn du die Synchronisierung aktivierst, hast du die Wahl zwischen zwei Verschlüsselungsoptionen: „Managed“ und „End-to-End“. Die letztere Option ist selbstverständlich die richtige Wahl.
Mit einem speziellen Plug-in, das vom Obsidian-Team entwickelt wurde, kannst du Notizen aus verschiedenen Formaten importieren. Dazu gehören Notion, Evernote, Apple Notes, Microsoft OneNote und Google Notizen.
Schüler, Studierende und Lehrer erhalten 40 % Rabatt.
Standard Notes
Plattformen: Windows (64 Bit), macOS (Intel/Apple Silicon), Linux, iOS, Android, Web
Individuelle Lizenz: kostenlos
Synchronisierungsoptionen: nativ oder eigenes Hosting
Synchronisierung der nativen Plattform: ab 7,5 US-Dollar/Monat (90 US-Dollar, nur jährliche Abrechnung)
Offenes Format: nein, aber Daten können als Text exportiert werden
Open Source: ja
Website: standardnotes.com
Standard Notes basiert auf zwei Grundprinzipien: flexible Notizvorlagen für unterschiedliche Zwecke und ein hohes Maß an Datenschutz. Die Verschlüsselung für die Ende-zu-Ende-Synchronisierung ist standardmäßig aktiviert, deine Notizen werden auf deinem Gerät verschlüsselt und zur Anmeldung ist die Zwei-Faktor-Authentifizierung erforderlich. Im Gegensatz zu den oben genannten Konkurrenten verfügt Standard Notes über eine Web-App, du kannst also alle Funktionen im Browser nutzen.
Auf Basis der Notizvorlagen kannst du beliebige Informationen speichern: von Code-Schnipseln und To-do-Listen bis hin zu Finanztabellen und sogar Passwörtern. Standard Notes eignet sich übrigens sowohl zum Speichern von Passwörtern als auch zum Erstellen von Einmal-Authentifizierungscodes (TOTPs). Für zusätzliche Sicherheit kannst du einzelne Notizen sogar durch ein zusätzliches Passwort schützen.
Eine coole Funktion von Standard Notes ist das „unendliche Rollback“: Laut den Entwicklern speichert die App den Bearbeitungsverlauf für jede Notiz ab dem Zeitpunkt, zu dem sie erstellt wurde. Dies kann bei der Arbeit an größeren Dokumenten, wie einem Buch oder einer Doktorarbeit, lebensrettend sein. Standard Notes unterstützt Plug-ins. Die Auswahl ist jedoch eher rar.
Als Synchronisierungsoptionen gibt es das Self-Hosting eines Standard Notes-Servers oder die Verwendung der proprietären Cloud. Du kannst entweder ein Productivity-Jahresabo für 90 US-Dollar abschließen oder mit dem kostenlosen Standard-Abo einfache Textnotizen mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung speichern und synchronisieren. Einige der genannten Funktionen sind nur im Professional-Abo für 120 US-Dollar pro Jahr verfügbar. Dazu zählen der verschlüsselte Dateispeicher mit 100 GB und das teilbare Abonnement für bis zu fünf Konten. Wenn du das Self-Hosting nutzen möchtest, musst du auch eine Lizenz kaufen. Dafür gibt es jedoch saftige Rabatte. Es kostet 39 USD pro Jahr oder 113,42 USD für fünf Jahre. Studierende erhalten 30 % Rabatt.
Standard Notes kann Daten aus Evernote, Apple Notes, Simplenote, Google Notizen und aus einer Reihe von reinen Textdateien importieren.
Zusätzliche Sicherheit
Doch selbst die stärkste Verschlüsselung ist nutzlos, wenn jemand die Daten direkt von deinem Computer stiehlt. Datendiebe verwenden gewöhnlich eine spezielle Art von Malware, „Infostealer“ genannt. Diese können deine Dateien entwenden und sogar Passwörter während der Eingabe abfangen. Eine auf Datenschutz ausgerichtete Notizen-App ist gut. Zusätzlich solltest du auf allen deinen Smartphones und Computern aber unbedingt ein umfassendes Sicherheitssystem verwenden.